Mahngedicht an die Jugend 

O Jugend, stolzer Pfau mit bunten Schwingen,
Du spiegelst dich im leeren Gläsermeer;
Doch außer Selbstlob weißt du nichts zu singen,
Dein Wort erschallt dumpf, hohl und ohne Ehr.
 
Mit weisen Büchern willst du nichts mehr hegen,
Denn Weisheit wiegt zu schwer, sie drückt den Sinn;
Du lernst, wie Finger über Tasten fegen,
Und hältst dies schon für tiefen Weltengewinn.
 

Die Liebe? Ach, sie taugt dir kaum vonnöten,
Du kühlst dein Herz in kaltem Bildschirmlicht;
Der Nächste, der dir stürzt in seine Nöten,
Erwartet Trost — du lieferst Memes und nichts.
 
O Kind der Flut, die durch die Daten rauschet,
Dein „Ich“ ist groß, dein Geist indes sehr klein!
Ein Herz, das nur auf Selbstbefeierung lauschet,
Kann nimmermehr der Menschheit Diener sein.
 
Du rühmst dich frei, doch bist des Truges Knechte,
An Ketten bunter Bilder festgeschnürt;
Die Tugend, die man lobt in alten Hechte,
Gilt dir verstaubt, verlogen, unberührt.
 
So thronst du hoch auf Pixeln, bunt gefiedert,
Ein Königreich aus Nebel – welch ein Spott!
Die Krön’ aus Likes, die dein Gemüt befriedet,
Ist nichts als Tand, Verwesung, faul und Schrott.
 
Drum lacht der Greis, der deine Torheit siehet,
Er hebt die Stirn und spricht mit leisem Spott:
„Wer nur im Schatten eitler Bilder blühet,
Der welket schnell – vergessen und verrott’.“
 
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Über Nataljia Vibescu

Versager mit Stil. Ich warte irgendwo, am Rande der Welt, wo selbst den Atomen schwindelig wird. Geboren im falschen Zeitalter, sowohl Philanthropin, wie auch Menschenhasserin, Einzelgängerin, die zurückgezogen in ihrer eigenen Welt lebt. Philosophie und Literatur begeistert, tendenziell Okkultismus interessiert (218, Shivaismus, Kabbala, Left Hand Path...), krankhafte Ästhetin - wie die Hauptfigur in J.K. Huysmans Roman "Gegen den Strich" - Globetrotterin, vielsprachig, kreativ, eigen, mit einem gewöhnungsbedürftigen Humor (noch schwärzer als schwarz), Geisteswissenschafts- und Kunstjunkie, tierlieb, schreibt, malt oder bastelt kompulsiv - als sei das Schaffen eine lebensnotwendige und unausweichliche Katharsis - mit einer besonderen Empathie, einem Hang zur Provokation und Rebellion und einem angeborenen Problem mit Autorität jeder Art, Anpassung und dem Respekt sozialer Normen. Master in Philosophie und Germanistik und Doktor der Germanistik (Literatur). Lehrerin von Beruf, nebenbei stets kreativ und inspiriert am schreiben, malen oder basteln. Ob das, was ich erschaffe, gefällt oder nicht, ist mir relativ gleichgültig. Ich suche weder Bestätigung noch sonst irgendwas der Art, sondern kreiere überwiegend für mich selbst, um mit meinen Emotionen, meiner psychischen Verfassung und meinem Innenleben besser umzugehen und um diesen Zuständen filterlos freien Lauf zu lassen... Künstlerisches Schaffen authentischer Art ist immer wie ein Exorzismus, der eine heilsbringende und beruhigende Wirkung hat. Somit lade ich euch ein, den Kadaver eures Stolzes in der Tiefe des Scheins - vor dem ihr euch so gerne verneigt - vermondern zu lassen. Ob ihr mich Lest oder nicht ist mir gleigültig. All das, was ihr hier sehen oder lesen könnt, habe ich für mich selbst erschaffen - als perfekte Egoistin - mit der vergeblichen Hoffnung, mein Innenleben zu zügeln und zu ordnen und um Abstand zu mir selbst zu schaffen. Somit finden Sie hier, wenn Sie es wagen in meine Welt einzutauchen, mein Herz, mein Hirn und mein Innenleben. Aasfresser ! Ich wünsche euch einen guten Appetit.