Kreatives Genie ist kein Personalposten, der einfach neu besetzt werden kann.
In einer Welt, die zunehmend auf Teamarbeit, Standardisierung und Ersetzbarkeit setzt, wirkt die Vorstellung vom einsamen Genie wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Doch Ludwig von Mises erinnert uns in „Menschliches Handeln“ daran, dass wahre kreative Genialität niemals eine Frage der Personalkapazität ist. Dieses Essay ist nicht nur eine philosophische Betrachtung, sondern ein fundamentaler Einwand gegen die Illusion, menschliche Kreativität ließe sich institutionalisieren oder durch KI ersetzen.
Was ist das kreative Genie? Eine Mises’sche Definition
Für Ludwig von Mises ist das kreative Genie weder ein besonders begabter Arbeiter noch ein besonders erfolgreicher Unternehmer. Seine Beschäftigung mit der Schöpfung entspringt einem innersten Drang:
„For the pioneering genius to create is the essence of life. To live means for him to create“[A].
Diese schöpferische Tätigkeit transzendiert den praxeologischen Arbeitsbegriff. Während gewöhnliche Arbeit ein Mittel zum Zweck ist – etwa zur Einkommensgenerierung –, ist für das Genie der Schaffensprozess selbst der Zweck [A] . Die herkömmliche Unterscheidung zwischen Arbeit und Freizeit löst sich bei ihm auf; was andere als „Pausen“ betrachten, sind für ihn oft Phasen der kreativen Inkubation [A].
Mises betont, dass diese Art des Schaffens nicht auf äußere Anreize wie Profit oder Anerkennung zurückzuführen ist. Der kreative Genius handelt aus einer inneren Notwendigkeit heraus. Sein Antrieb „is not the desire to bring about a result, but the act of producing it“ [A]. Diese intrinsische Motivation macht ihn gleichzeitig unberechenbar und unersetzlich.
Der unüberbrückbare Gegensatz: Kreativität versus wirtschaftliche Kalkulation
An dieser Stelle wird der fundamentale Widerspruch deutlich, den Mises aufdeckt: Während der Markt und die Wirtschaftsrechnung auf Wiederholbarkeit, Vorhersehbarkeit und Kalkulation basieren, ist das kreative Genie definitionsgemäß einzigartig, unvorhersehbar und nicht kalkulierbar.
Wirtschaftliche Kalkulation vs. kreatives Genie
Economic Calculation |
Creative Genius |
Basiert auf Marktpreisen und monetären Werten [5] |
Orientiert sich an inneren Impulsen und subjektiven Visionen [A] |
Ist auf Wiederholbarkeit und Prognose angewiesen |
Erzeugt notwendigerweise Neues und Unvorhersehbares |
Kann Arbeit und Kapital ersetzen oder umverteilen |
Ist als Person und ihre spezifische Schöpfungskraft nicht ersetzbar |
Dient der effizienten Bedürfnisbefriedigung in der Gesellschaft |
Befriedigt primär das Schöpfungsbedürfnis des Individuums |
Die Unersetzbarkeit des Genies offenbart sich besonders deutlich, wenn ein kreatives Projekt nach dessen Weggang fortgesetzt werden soll. Unternehmer können Budgets kalkulieren und Märkte analysieren, aber sie können keine neuen genuinen kreativen Impulse erzeugen [A]. Was folgt, ist oft die Imitation – das Nachahmen des früheren Stils ohne die ursprüngliche schöpferische Kraft.
Die praktischen Konsequenzen: Genie, Unternehmer und „Faker“
In der Praxis entsteht eine komplexe, oft problematische Beziehung zwischen dem kreativen Genie und den Entrepreneuren, die sein Werk vermarkten. Mises beschreibt einen typischen Zyklus:
- Entdeckung: Ein kreativer Genius mit einer bahnbrechenden Idee wird entdeckt – oft durch Zufall [A].
- Kommerzialisierung: Unternehmer erkennen den Marktwert und helfen bei Finanzierung, Vermarktung und Distribution – Tätigkeiten, für die das Genie selbst oft weder Interesse noch Fähigkeit hat [A].
- Höhepunkt: Das Werk erreicht ein großes Publikum und wird kommerziell erfolgreich.
- Krise: Das Genie wendet sich neuen Projekten zu oder seine kreative Vision entwickelt sich in eine Richtung, die beim Publikum nicht mehr ankommt [A].
- Niedergang: Das zurückgelassene „Franchise“ wird von Nachahmern – von Mises als „Faker“ bezeichnet – weitergeführt, die die Form imitieren, aber die essentielle schöpferische Substanz vermissen lassen [A].
An diesem Punkt zeigt sich die tragische Ironie: Was einst als authentischer schöpferischer Ausdruck begann, wird zu einer leeren Hülle, die lediglich durch Nostalgie am Leben erhalten wird [A]. Die „Faker“ – charakterisiert durch pseudo-philosophisches Geschwätz und ein ausgeprägtes Interesse an monetärer Vergütung – ersetzen allmählich die echten Schöpfer, bis das Werk schließlich an Glaubwürdigkeit und Publikumsinteresse verliert [A].
Die gesellschaftliche Bedeutung des nicht ersetzbaren Individuums
Die Lehre aus Mises‘ Analyse geht weit über ökonomische Fragen hinaus. Sie betrifft das Fundament einer vitalen, fortschrittlichen Zivilisation, die innovativ und resilient ist.
„A creative genius cannot be trained. There are no schools for creativeness. A genius is precisely a man who defies all schools and rules, who deviates from the traditional roads of routine and opens up new paths through land inaccessible before“ [C].
Diese Aussage unterstreicht, dass echter Fortschritt („progress“) per Definition das ist, „what the rules and regulations did not foresee“ [C]. Institutionen, seien es Unternehmen, Universitäten oder Regierungen, können Genius weder herbeizüchten noch garantieren. Die beste, was sie tun können, ist, ein Umfeld zu schaffen, das solchen Individuen erlaubt, zu atmen und zu schaffen – „The first thing a genius needs is to breath free air“ [C].
Fazit: Die Unersetzbarkeit als menschliches Fundament
Ludwig von Mises‘ Analyse des kreativen Genies erinnert uns an eine essenzielle Wahrheit: Trotz aller Systeme, Prozesse und kollektiven Strukturen ist und bleibt der einzelne menschliche Geist die ultimative Quelle von Neuerung, Kunst und Sinn. In einer zunehmend technokratischen Welt, die danach strebt, jede Variable zu optimieren und jedes Risiko zu kontrollieren, steht das Genie als Zeugnis für das Unverfügbare, Spontane und zutiefst Individuelle im Menschen.
Die größte Herausforderung für jede Gesellschaft, die lebendig bleiben will, besteht daher nicht darin, Systeme zur Erzeugung von Genialität zu entwickeln, sondern darin, den humusreichen Boden zu bewahren, auf dem sie – ungeplant und unerwartet – von selbst wachsen kann. Denn, so könnten wir mit Mises schließen, das Genie ist immer ein Lehrer, niemals ein Schüler; es ist immer selbstgemacht [C].
Die philosophische Frage nach „echter“ KI-Kreativität aus einer Mises’schen Perspektive
Wie im in diesem Beitrag dargelegt, ist das kreative Genie für Mises durch einen inneren, zweckfreien Schaffensdrang und die Fähigkeit gekennzeichnet, wahrhaft Neues zu erschaffen. Die heutige KI wirft hier fundamentale Fragen auf.
Entgegen ihrem Namen sind moderne KI-Systeme „künstliche Intelligenz wie z.B. ChatGPT und andere keine bewussten, denkenden Wesen. Es handelt sich um hochkomplexe statistische Modelle, die in der Lage sind, Muster in enormen Datenmengen zu erkennen und auf dieser Basis Inhalte zu generieren, die menschliche Kreativität imitieren. Aus logischer Sicht ist ein KI-System das Gegenteil dessen, was wir von einer Intelligenz erwarten würden: Seine Antworten basieren ausschließlich auf bereits existierenden Daten, Sprachdaten und es fügt nichts hinzu, was nicht statistisch aus vergangenen Informationen reproduzierbar ist [D]. „Kein Geist in der Maschine: KI antwortet nur, was schon da war“
Im Gegensatz dazu ist eine tatsächliche, menschliche Intelligenz – ein Mises’sches Genie – vorwärtsgewandt. Sie kann auf denselben Daten aufbauen, aber neuartige Inhalte und Implikationen generieren, zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelassen, Fehler machen und Fakten subjektiv gewichten oder sich sogar entscheiden, sie zu ignorieren [D]. Kurz gesagt: KI optimiert und kombiniert Bekanntes, während das menschliche Genie das Denken selbst neu kombiniert und damit die Regeln, nach denen optimiert wird, erst schafft.
Aspekt |
KI (Als Werkzeug der Kalkulation) |
Menschliches Genie (Als schöpferische Kraft) |
Grundlage |
Basiert auf historischen Daten und statistischen Algorithmen |
Handelt aus innerem Antrieb und schafft Neues |
Rolle in der Wirtschaft |
Optimierung, Automatisierung, Effizienzsteigerung |
Bahnbrechende Innovation, Schaffung neuer Märkte und Paradigmen |
Ersetzbarkeit |
Kann bestimmte Tätigkeiten ersetzen; ist selbst reproduzierbar |
Ist als Person und schöpferische Quelle unersetzbar |
Wirtschaftliche Kalkulation |
Ermöglicht präzisere Kalkulation innerhalb bekannter Rahmenbedingungen |
Sprengt die bestehenden Kalkulationsrahmen durch radikal neue Ideen |
Die Tabelle macht deutlich: Während KI innerhalb eines gegebenen Systems meisterhaft agieren kann, ist das menschliche Genie die Kraft, die die Systeme noch selbst erschafft und noch kontrollieren kann. Diese Unterscheidung ist von zentraler Bedeutung für die Prämisse der Unersetzbarkeit des Individuums. Selbst wenn KI-Systeme in der Lage sind, Werke zu produzieren, die qualitativ mit menschlichen vergleichbar sind [E], bleibt der zugrundeliegende Prozess ein fundamental anderer. Die KI ist ein mächtiges Werkzeug, ein „Assistent im kreativen Prozess“ [E], aber ihr fehlt der subjektive, von inneren Werturteilen und persönlichen Erfahrungen geprägte Antrieb, den Mises als Kern des menschlichen Handelns beschreibt[F] [G].
Sie hat keine eigenen „persönlichen Gedanken, Gefühle und Erinnerungen“ [I] . Das kreative Genie hingegen schafft aus einer inneren Notwendigkeit; für es bedeutet Leben Schaffen [D].
In der Praxis zeigt sich ein spannendes Wechselspiel, das Mises‘ Beschreibung des Zyklus von Genie, Unternehmer und Nachahmer widerspiegelt:
- Das Genie und das Werkzeug: Ein schöpferisches Entrepreneur kann KI als Werkzeug nutzen, um seine visionären Ideen schneller zu prototypisieren oder zu skalieren. Die KI übernimmt die berechenbaren Teile der Arbeit und befreit Kapazität für das genuinely Kreative.
- Die Gefahr der Imitation: Wenn die ursprüngliche schöpferische Kraft nachlässt oder das Genie sich neuen Projekten zuwendet, kann es dazu kommen, dass das „Franchise“ oder der Stil lediglich von KI-Systemen imitiert wird, die mit den alten Daten trainiert wurden [D]. Das Ergebnis sind Innovationen ohne Seele – Produkte und Dienstleistungen, die die Form des Originals kopieren, aber den essentiellen schöpferischen Funken vermissen lassen.
- Herausforderungen für den Arbeitsmarkt: KI wird zweifellos viele repetitive und analytische Tätigkeiten automatisieren [J]. Dies verlagert den Wert menschlicher Arbeit jedoch noch stärker auf genau die Fähigkeiten, die Mises dem Genie zuschrieb: Urteilsvermögen, Kreativität, Unternehmergeist und die Fähigkeit, das Unvorhergesehene zu denken [D]. Die langfristige Arbeitslosigkeit könnte weniger eine Frage fehlender Jobs sein, sondern eine Frage der Diskrepanz zwischen den nachgefragten schöpferischen Fähigkeiten und dem vorhandenen Qualifikationsniveau [J] [K].
Die politische Dimension – KI als Werkzeug staatlicher Macht versus Werkzeug individueller Ermächtigung
Die größte Bedrohung durch KI geht weniger von der Technologie selbst aus, sondern vielmehr davon, wer sie kontrolliert und zu welchem Zweck. Aus einer Mises’schen Perspektive, die den Staat als „wesentliche Verneinung der Freiheit“ betrachtet [H], ist die entscheidende Trennlinie die zwischen Staat und Gesellschaft.
- Die Gefahr der Gleichmacherei: KI-Systeme neigen dazu, Durchschnittswerte zu produzieren, da sie auf der Analyse großer Datenmengen basieren. Eine Gesellschaft, die sich zu sehr auf KI-Entscheidungen verlässt, riskiert, kreative Außenseiter und unkonventionelle Denker zu marginalisieren, obwohl gerade sie die Hauptquelle des Fortschritts sind.
- Die unverzichtbare Freiheit des Denkens: Mises schrieb: „The first thing a genius needs is to breath free air“ [D]. Regulatorische Bestrebungen, wie die der EU, die darauf abzielen, KI „vertrauenswürdig“ und sicher zu machen, sind wichtig [K]. Doch sie dürfen nicht zu einem Käfig werden, der das experimentierende, regelbrechende Denken des kreativen Genies erstickt. Der größte regulatorische Fehler wäre, Innovation zu behindern und die schöpferische Kraft des Einzelnen in Bürokratie zu ersticken.
Der Staat hat die Entwicklung der KI von Anfang an gefördert und versucht, alle Mittel zu nutzen, um seine Macht zu erhalten und auszubauen [H]. Beunruhigend ist daher die enge Verbindung zwischen großen KI-Unternehmen und staatlichen Institutionen. Unternehmen wie Palantir, Anthropic und Meta bieten bereits ihre Dienste US-Nachrichtendiensten und Verteidigungsbehörden an, um die Überwachung und Kontrolle der Bevölkerung zu verbessern [H]. Dies könnte die Schaffung zentralisierter Bürgerdatenbanken und sogar „vorhersagender Polizeiarbeit“ ermöglichen – ein Albtraum für die individuelle Freiheit. In den Händen des Staates wird KI so zu einem Werkzeug der Zentralplanung nicht nur der Wirtschaft, sondern des sozialen Lebens selbst.
Doch KI hat auch das Potenzial, die Macht Balance zugunsten des Individuums zu verschieben und Mises‘ Ideal einer auf freiwilliger Kooperation basierenden Gesellschaft zu stärken [F]. Sie kann:
- Jeden Einzelnen mit einem persönlichen Forschungsassistenten ausstatten und den Zugang zu Wissen in Bereichen mit „Gatekeepern“ vereinfachen [H].
- Die politische Teilhabe erleichtern, indem sie Gesetzgebung in einfache Sprache zusammenfasst, Haushaltsdaten analysiert oder Behauptungen in Echtzeit überprüft [H].
- Durch die Übernahme routinemäßiger Aufgaben Kapazitäten für wertschöpfendere Tätigkeiten und höheres Engagement freisetzen [H].
Die Zukunft hängt davon ab, ob KI-Funktionen offen, dezentral und verschlüsselt sein werden oder ob der Staat die Oberhand behält und sie zur Überwachung und Manipulation einsetzt [H].
Fazit: Die bleibende Relevanz des menschlichen Handelns
Die KI zwingt uns, uns auf die grundlegenden Prinzipien von Mises‘ Werk zu besinnen. Sie ist der ultimative Beweis für seine These, dass Fortschritt das ist, „was die Regeln und Vorschriften nicht vorhergesehen haben“ – denn sie selbst ist ein solcher, von menschlichen Genies geschaffener Fortschritt. Während KI innerhalb gegebener Systeme brillant optimieren kann, bleibt das menschliche Genie die unersetzbare Quelle, die die Systeme selbst erschafft und umstürzt. Die zentrale Herausforderung bleibt nicht die Technologie, sondern die politische Ordnung: Sie muss so gestaltet sein, dass sie es dem individuellen Geist – dem wahren „kreativen Genie“ – erlaubt, frei zu atmen, zu wagen und zu schaffen.
Quellenverweise:
[A] https://mises.org/mises-wire/entrepreneur-and-summer-blockbuster
[B] https://oll.libertyfund.org/pages/mises-on-the-market-society
[C] https://www.turtletrader.com/ludwig-von-mises/
[D] https://mises.org/mises-wire/understanding-ai-revolution
[E] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2713374523000250
[F] https://sobrief.com/books/human-action
[G] https://oll.libertyfund.org/titles/greaves-human-action-a-treatise-on-economics-vol-2-lf-ed
[H] https://mises.org/mises-wire/threats-ai-come-state
[I] https://www.forbes.com/sites/bernardmarr/2023/03/27/the-intersection-of-ai-and-human-creativity-can-machines-really-be-creative/
[J] https://www.bpb.de/themen/arbeit/arbeitsmarktpolitik/522513/die-auswirkungen-von-kuenstlicher-intelligenz-auf-den-arbeitsmarkt/
[K] https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20200918STO87404/kunstliche-intelligenz-chancen-und-risiken
Hinweis: Dieses Essay wurde mit Unterstützung durch KI erstellt.